Fritz Brühlmann mein Lehrmeister
Es war immer schon mein Wunsch, als Mechaniker an 6-Tagerennen tätig zu sein. Die Arbeit an schönen, spartanisch ausgerüsteten Bahnvelos mit viel Chrom, schönen Lackierungen und elegant geschwungenen Lenkerformen faszinierte mich. Das Wirbeln der Laufräder mit den 165 Gramm leichten Conti-Reifen, gepaart mit dem Fahrgeräusch, war das Salz in der Suppe. Zugehörig zu sein zum innern Kreis von Mechanikern, Pflegern, Läufern und Fahrern wollte ich erlebt haben.
Um da als Neuling Zugang zu finden, war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Jeder Fahrer war alleiniger Unternehmer. Er hatte sein Personal, also auch den Mechaniker selbst zu engagieren. Wer mit seinen Helfern zufrieden war, der wechselte nicht. Alle zusammen bildeten ein Team.
Die Arbeit des Mechanikers an 6-Tagerennen unterschied sich von derjenigen der Strasse. Spezialisten waren gefragt. Die je nach Tagesprogramm stets wechselnden Disziplinen, also Jagden, Spezialsprints sowie Derny-Rennen, erforderten ein Umwechseln von Kettenblättern und Kränzen, wozu noch die Ketten zu kürzen oder zu verlängern waren. Das alles unter Zeitdruck. Arbeitete man für Siegfahrer, so war bei Reifendefekt ein neues Laufrad blitzschnell auszuwechseln. Zu meiner Zeit waren die Reifen noch mit Schellack auf die Felgen zu kleben. Eine langwierige, umständliche und sorgfältig auszuführende Arbeit, die einiges an Erfahrung verlangte.
Um alle diese Spezialiäten zu erlernen, gab es für mich nur den Weg über Nationalmechaniker Fritz Brühlmann. Ich kannte ihn nicht persönlich, wusste aber, aus welchen Gründen auch immer, er die Basler nicht so mochte. Durch die Vermittlung von Oscar Plattner, dem damaligen Nationaltrainer, kam der erste persönliche Kontakt mit Fritz zustande.
Ich nahm 1980 eine Woche Ferien um mich am Montagmorgen schon frühzeitig vor dem Start des Zürcher 6-Tagerennens bei Fritz zu melden. Seine Werkstatt befand sich in den "Katakomben" des Hallenstadions und dort war er auch der grosse Chef und Platzhirsch. Er hatte die Kompetenz und die Schlüsselgewalt, den Fahrern und Betreuern die Schlafkabinen und Massageräume zu vergeben. Die Anzahl an Kabinen war immer sehr knapp bemessen. Ich hatte das vorausgeahnt und nahm vorsorglich von zu Hause Feldbett, Schlafsack und Kissen mit. Und wie ich so mit meinem Bettzeug anrückte, war er erleichtert und wies mir, welche Ehre, einen Schlafplatz in seiner Werkstatt zu. Ueber meiner Schlafstätte schwebte noch in geringer Höhe der Bahnrahmen von Robert Dill-Bundi, mit dem er ein Paar Monate zuvor Olympiasieger in Moskau wurde. Im ganzen Raum roch es wie in einer kleinen Schnapsbrennerei, herrührend von den frisch zum Abtrocknen des Schellacks aufgehängten Laufrädern. Denn der Schellack, damals käuflich in Schuppenform, wurde mit reinem Alkohol aufgeweicht und verdünnt.
Ich stellte mir etwas naiv vor, dass ich jetzt die ganze Woche hinter Fritz einherlaufen und ihm über die Schultern zuschauen könnte. Dem war aber nicht so. Er übertrug mir von Beginn an schon die volle Verantwortung für das Fahrerpaar Serge Demierre/Patrick Moerlen. Beide waren wie auch der Pfleger und Läufer Neulinge. Die ersten 2 Tage und Nächte staunten und beobachteten wir, was so rundherum um uns vorging und passten auf, ja keinen Fehler zu machen. Wir lernten stets dazu und ab Mitte Rennen fühlten wir uns alle schon wie schon echte Profis.
Fritz Brühlmann, der sehr beschäftigt war, betreute neben seiner technischen Arbeit noch als Trainer Schweizer Amateurmannschaften, die von seinen immensen Erfahrungen profitierten. Nur mit Finger- und Handbewegungen zeigte er an, was zu tun sei und führte sie so von Sieg zu Sieg. Den Urnern Risi-Betschart hat er, allerdings etwas später, beigebracht wie man 6-Tagerennen als Amateure oder Profis zu gewinnen hat.
Wenn ich bei meiner Arbeit Probleme hatte oder nicht weiter wusste, war er stets hilfsbereit zu Stelle. Er verschleierte keine Tricks, legte alles offen und brachte mir mit viel Geduld seine einzigartige Methode des Bindens und Verlötens von Speichenkreuzungen bei. Er verstand es auch, mir die Kunst
des Aufschellackierens von Bahnreifen beizubringen.
Er war hart in der Kritik und sehr sparsam mit Komplimenten. Später hatte ich vielfach mit ihm zu tun. Jedesmal, wenn er mich schon von weitem kommen sah, rief er "Lueget da chunnt wieder e sone cheibe Basler!". Es war natürlich nicht bösartig gemeint.
Das grösste Kompliment machte er mir vor der Bahn-Weltmeisterschaft 1983. Er sagte "Schraner Gerd, ich hatte bis jetzt noch nie einen Assistenten an einer Bahn-WM. Du bist von allen die ich kenne, der einzige der in Frage kommt". Ich sagte natürlich zu.
Das war für mich ein grosses Erlebnis. Fahrer, Betreuer, Schrittmacher und ich als Mechaniker wohnten die ganze Zeit zusammen im Hotel Sonnental in Dübendorf. Wir waren fast eine verschworene Gemeinschaft. Was meine Arbeit anging, so gab es von Fritz klare Anweisungen, was ich zu tun oder zu lassen hatte. Jeden Morgen hatte ich die Velos für die Nachmittags- und Abendprüfungen selbständig vorzubereiten und war für das Auflegen der richtigen Gänge verantwortlich. Zusammen waren wir ein kleiner Baustein für die Erfolge des Schweizer Nationalteams (2 mal Gold, Urs Freuler; 1 mal Silber, Dill-Bundi und 1 mal Bronze, Baumgartner).
Nach meinem Ausstieg 1990 aus der Mechanikerszene sah ich Fritz nur noch selten und es hat mich als "Cheibe Basler" umso mehr gefreut, als er mich vor 2 Jahren zu seinem 70-igsten Geburtstag nach Zürich einlud.
Um da als Neuling Zugang zu finden, war fast ein Ding der Unmöglichkeit. Jeder Fahrer war alleiniger Unternehmer. Er hatte sein Personal, also auch den Mechaniker selbst zu engagieren. Wer mit seinen Helfern zufrieden war, der wechselte nicht. Alle zusammen bildeten ein Team.
Die Arbeit des Mechanikers an 6-Tagerennen unterschied sich von derjenigen der Strasse. Spezialisten waren gefragt. Die je nach Tagesprogramm stets wechselnden Disziplinen, also Jagden, Spezialsprints sowie Derny-Rennen, erforderten ein Umwechseln von Kettenblättern und Kränzen, wozu noch die Ketten zu kürzen oder zu verlängern waren. Das alles unter Zeitdruck. Arbeitete man für Siegfahrer, so war bei Reifendefekt ein neues Laufrad blitzschnell auszuwechseln. Zu meiner Zeit waren die Reifen noch mit Schellack auf die Felgen zu kleben. Eine langwierige, umständliche und sorgfältig auszuführende Arbeit, die einiges an Erfahrung verlangte.
Um alle diese Spezialiäten zu erlernen, gab es für mich nur den Weg über Nationalmechaniker Fritz Brühlmann. Ich kannte ihn nicht persönlich, wusste aber, aus welchen Gründen auch immer, er die Basler nicht so mochte. Durch die Vermittlung von Oscar Plattner, dem damaligen Nationaltrainer, kam der erste persönliche Kontakt mit Fritz zustande.
Ich nahm 1980 eine Woche Ferien um mich am Montagmorgen schon frühzeitig vor dem Start des Zürcher 6-Tagerennens bei Fritz zu melden. Seine Werkstatt befand sich in den "Katakomben" des Hallenstadions und dort war er auch der grosse Chef und Platzhirsch. Er hatte die Kompetenz und die Schlüsselgewalt, den Fahrern und Betreuern die Schlafkabinen und Massageräume zu vergeben. Die Anzahl an Kabinen war immer sehr knapp bemessen. Ich hatte das vorausgeahnt und nahm vorsorglich von zu Hause Feldbett, Schlafsack und Kissen mit. Und wie ich so mit meinem Bettzeug anrückte, war er erleichtert und wies mir, welche Ehre, einen Schlafplatz in seiner Werkstatt zu. Ueber meiner Schlafstätte schwebte noch in geringer Höhe der Bahnrahmen von Robert Dill-Bundi, mit dem er ein Paar Monate zuvor Olympiasieger in Moskau wurde. Im ganzen Raum roch es wie in einer kleinen Schnapsbrennerei, herrührend von den frisch zum Abtrocknen des Schellacks aufgehängten Laufrädern. Denn der Schellack, damals käuflich in Schuppenform, wurde mit reinem Alkohol aufgeweicht und verdünnt.
Ich stellte mir etwas naiv vor, dass ich jetzt die ganze Woche hinter Fritz einherlaufen und ihm über die Schultern zuschauen könnte. Dem war aber nicht so. Er übertrug mir von Beginn an schon die volle Verantwortung für das Fahrerpaar Serge Demierre/Patrick Moerlen. Beide waren wie auch der Pfleger und Läufer Neulinge. Die ersten 2 Tage und Nächte staunten und beobachteten wir, was so rundherum um uns vorging und passten auf, ja keinen Fehler zu machen. Wir lernten stets dazu und ab Mitte Rennen fühlten wir uns alle schon wie schon echte Profis.
Fritz Brühlmann, der sehr beschäftigt war, betreute neben seiner technischen Arbeit noch als Trainer Schweizer Amateurmannschaften, die von seinen immensen Erfahrungen profitierten. Nur mit Finger- und Handbewegungen zeigte er an, was zu tun sei und führte sie so von Sieg zu Sieg. Den Urnern Risi-Betschart hat er, allerdings etwas später, beigebracht wie man 6-Tagerennen als Amateure oder Profis zu gewinnen hat.
Wenn ich bei meiner Arbeit Probleme hatte oder nicht weiter wusste, war er stets hilfsbereit zu Stelle. Er verschleierte keine Tricks, legte alles offen und brachte mir mit viel Geduld seine einzigartige Methode des Bindens und Verlötens von Speichenkreuzungen bei. Er verstand es auch, mir die Kunst
des Aufschellackierens von Bahnreifen beizubringen.
Er war hart in der Kritik und sehr sparsam mit Komplimenten. Später hatte ich vielfach mit ihm zu tun. Jedesmal, wenn er mich schon von weitem kommen sah, rief er "Lueget da chunnt wieder e sone cheibe Basler!". Es war natürlich nicht bösartig gemeint.
Das grösste Kompliment machte er mir vor der Bahn-Weltmeisterschaft 1983. Er sagte "Schraner Gerd, ich hatte bis jetzt noch nie einen Assistenten an einer Bahn-WM. Du bist von allen die ich kenne, der einzige der in Frage kommt". Ich sagte natürlich zu.
Das war für mich ein grosses Erlebnis. Fahrer, Betreuer, Schrittmacher und ich als Mechaniker wohnten die ganze Zeit zusammen im Hotel Sonnental in Dübendorf. Wir waren fast eine verschworene Gemeinschaft. Was meine Arbeit anging, so gab es von Fritz klare Anweisungen, was ich zu tun oder zu lassen hatte. Jeden Morgen hatte ich die Velos für die Nachmittags- und Abendprüfungen selbständig vorzubereiten und war für das Auflegen der richtigen Gänge verantwortlich. Zusammen waren wir ein kleiner Baustein für die Erfolge des Schweizer Nationalteams (2 mal Gold, Urs Freuler; 1 mal Silber, Dill-Bundi und 1 mal Bronze, Baumgartner).
Nach meinem Ausstieg 1990 aus der Mechanikerszene sah ich Fritz nur noch selten und es hat mich als "Cheibe Basler" umso mehr gefreut, als er mich vor 2 Jahren zu seinem 70-igsten Geburtstag nach Zürich einlud.