Mobbing und Freundschaften
Im
6-Tagegeschäft hatte ich es mit vielen unterschiedlichen Charakteren zu tun. Da
waren einerseits die Rennfahrer und andererseits die Mechanikerkollegen. Ueber
die letzteren kann ich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wenig gutes berichten.
Speziell den Belgiern, die in der Mehrzahl vertreten waren, war ich von Anfang
an ein Dorn im Auge. Als sie bemerkten, dass ich fachlich keine Eintagsfliege
war, fürchteten sie sich vor einer neuen Konkurrenz. Schnell waren sie sich
ausnahmsweise einmal einig, dass gegen
mich als Störenfried etwas zu unternehmen sei. Es wurde gemoppt, was das Zeug
hielt. Heimlich wurde mir Luft aus den Reifen gelassen. Sie lösten mir sogar
die Zahnkränze an den Laufrädern, die für die Nacht zwecks eines schnellen
Radwechsels über den Kojen meiner Rennfahrer hingen. Sie scheuten sich auch
nicht, perfekte Radmuttern gegen solche mit kaum sichtbaren Haar-Rissen
auszutauschen. Sie hofften mit alldem, ich würde in eine Falle tappen. Aber mit
mir als "Kontrollfreak" lagen sie mit ihren fiesen Methoden echt
daneben. Auch suchte ich nach Werkzeugen, die auf einmal spurlos verschwanden.
In der Rennfahrerkantine wurde ich demonstrativ geschnitten und sass über lange
Zeit stets alleine an einem Tisch. Das alles aber zählte ich zur Schule des
Lebens und ich ging da durch, obwohl es mir manchmal schwer fiel. Mit der Zeit
verbesserte sich die Situation, sie lernten mich zu akzeptieren. Später stiess
als Neuling der Belgier Julien Stevens zu uns. Ein ehemaliger Edeldomestike von
Eddy Merckx. Er hatte existenzielle Sorgen, war arbeitslos und sah als
Rennmechaniker eine Verdienstmöglichkeit. Er begann in Grenoble und hatte
seinen Arbeitsplatz direkt neben mir. Er war sehr umgänglich, jedoch noch
fachunkundig. Ich half ihm gerne mit Ratschlägen und Material aus. Das vergass
er nie. Da er mitbekam, dass ich gerne Milchreis mit Vanillepudding ass,
brachte er mir jedes Jahr eine 1 kg-Büchse davon nach Zürich mit. Er arbeitete
an sich und gehörte bald einmal zu den wenigen Topmechanikern. Eine persönlich
gute Zweckfreundschaft entwickelte sich nur mit dem Deutschen Ado Müller und
dem Engländer Steve Snowling, von denen konnte ich manches lernen. Nach meinem
Rücktritt als Mechaniker aber sahen wir uns nie wieder.
Mit den 6-Tagefahrern waren die persönlichen Beziehungen ganz anders. Als eigentliche Arbeitsgeber hatten sie das Personal selbst auszusuchen, also Pfleger, Läufer und Mechaniker. Neben dem "Schrauben" war ich zusätzlich noch väterlicher Ansprechspartner und manchmal auch noch Psychologe. Ich nahm ihre Sorgen ernst und half, wo ich konnte. 6-Tageneulinge hatten speziell in Zürich ein hartes Brot. Die extrem lange Bahn (250 m) erschwerte ihre Rundengewinne. Sie blieben vielfach beim Versuch, eine "Runde zu machen" auf der halben Distanz hängen und wurden vom Feld wieder eingeholt. In den harten Jagden ging infolge Müdigkeit schnell einmal die Konzentration verloren und Stürze waren die Folge. Schwierig war es auch, im "Haufen" auf engstem Raum noch den Weg zum Partner zu finden, dass so die Schleuderablösung klappte. Die jeweils in der Donnerstag-Nacht durchgezogene 100 km-Americaine mit einem 53-er Schnitt gab ihnen arg zu schaffen. Ich sah in ihre schmerzverzehrten Gesichter beim Versuch, im Fahrerfeld nicht "durchgereicht" zu werden. Die reinen Strassenfahrer hatten auch Mühe mit der an 6-Tagerennen üblichen hohen Trittkadenz. Nach 2 Nächten schon wurden Sitzbeschwerden ein Thema. Auch der täglich zu absolvierende Mitternachtssprint, bei dem nach Reglement die ersten 10 Runden in Einerkolonne hoch oben in der Kurve der Balustrade entlang zu fahren war, verlangte für die Neulinge einiges an Mut und fahrerischem Können. Alle fuhren zentimetergenau am Hinterrad des Vordermannes und der jeweilige Mann an der Spitze hatte nach einer halben Runde ganz nah, fast mit Ellbogenberührung, entlang der nachfolgenden Gruppe abzulösen. Für das Publikum eine grossartige Show.
Gerne erinnere ich mich an 6-Tagefahrer zurück, die ich als Amateure auf der Strasse betreute wie Jörg Bruggman, Othmar Häfliger, Viktor Schraner und Guido Winterberg. Sie alle wollten von ihrem ersten Zürcher 6-Tagerennen an von mir betreut werden. Ebenso werde ich die gute Zeit zusammen mit den Franzosen Jacques Michaud und Fred Vichot nicht vergessen.
Vor allem verbrachte ich mit Patrick Moerlen eine gute Zeit. So begleitete ich ihn von Anfang an an allen seinen 6-Days bis zum Ende seiner Karriere. Er war ein eleganter Fahrer und stets guter Laune. Fahrtechnisch und athletisch wurde er von Jahr zu Jahr besser und rückte so in der Fahrerhierarchie weit nach vorne. Unvergesslich war stets die Rückreise von den 6-Jours Grenoble und Paris. Patrick, Daniel Gisiger und ich fuhren stets mit nur einem Auto. Meines parkte ich vor dem Domizil von Patrick, einem "sanft" renovierten Bauernhaus im Neuenburger Jura. Bei der Rückkehr war manchmal der Schnee so hoch, dass ich mein Auto suchen musste und recht zu schaufeln hatte. In der grossen Küche stand jedesmal ein von Patricks Frau hergerichtetes Bauernbüffet bereit. Wir "schlugen" redlich zu und wärmten alte Geschichten auf. Da Patrick seit Abschluss seiner Karriere eine eigene Velo-Grosshandelsfirma führt, sehen wir uns immer wieder an Fachmessen. Auch er ein Freund fürs Leben.
Nicht zu vergessen die immer noch währende Freundschaft mit Daniel Gisiger, über die andernorts in meinen Stories zu lesen ist.
Paul Köchli stellte bei der Gründung seines ersten eigenen Profi-Strassenteams Helvetia-La Suisse den damaligen französischen Verbandsmechaniker Alex Roussel als Chefmechaniker ein. Ich diente unter Alex als Werkstatt-Mechaniker. Er war für für mich, wie man in Frankreich so schön sagt, ein "Monsieur". Es machte Freude, unter ihm arbeiten zu dürfen. Er bewies hohe Fachkompetenz, man konnte viel von ihm lernen. Er war viel unter Druck, verlor aber nie die Nerven. Sein Leben drehte sich damals nur um das Velo. Nach der Auflösung des Teams arbeitete er noch in der Werkstatt eines bekannten Velo-Versandhändlers bis ihn die UCI nach Aigle berief. Dort amtet er als Chefmechaniker des Centre Mondial du Cyclisme. Dorthin durfte ich ihm noch handgebaute Bahn-Laufräder liefern. Auf seinen Wunsch hin hielt ich im Rahmen der UCI-Trainerausbildung noch Laufrad-Workshops ab. Später wurde daraus dann die von uns beiden produzierte DVD "Mastering Wheels". Unser freundschaftliche Kontakt ist seither nie abgebrochen.
Mit den 6-Tagefahrern waren die persönlichen Beziehungen ganz anders. Als eigentliche Arbeitsgeber hatten sie das Personal selbst auszusuchen, also Pfleger, Läufer und Mechaniker. Neben dem "Schrauben" war ich zusätzlich noch väterlicher Ansprechspartner und manchmal auch noch Psychologe. Ich nahm ihre Sorgen ernst und half, wo ich konnte. 6-Tageneulinge hatten speziell in Zürich ein hartes Brot. Die extrem lange Bahn (250 m) erschwerte ihre Rundengewinne. Sie blieben vielfach beim Versuch, eine "Runde zu machen" auf der halben Distanz hängen und wurden vom Feld wieder eingeholt. In den harten Jagden ging infolge Müdigkeit schnell einmal die Konzentration verloren und Stürze waren die Folge. Schwierig war es auch, im "Haufen" auf engstem Raum noch den Weg zum Partner zu finden, dass so die Schleuderablösung klappte. Die jeweils in der Donnerstag-Nacht durchgezogene 100 km-Americaine mit einem 53-er Schnitt gab ihnen arg zu schaffen. Ich sah in ihre schmerzverzehrten Gesichter beim Versuch, im Fahrerfeld nicht "durchgereicht" zu werden. Die reinen Strassenfahrer hatten auch Mühe mit der an 6-Tagerennen üblichen hohen Trittkadenz. Nach 2 Nächten schon wurden Sitzbeschwerden ein Thema. Auch der täglich zu absolvierende Mitternachtssprint, bei dem nach Reglement die ersten 10 Runden in Einerkolonne hoch oben in der Kurve der Balustrade entlang zu fahren war, verlangte für die Neulinge einiges an Mut und fahrerischem Können. Alle fuhren zentimetergenau am Hinterrad des Vordermannes und der jeweilige Mann an der Spitze hatte nach einer halben Runde ganz nah, fast mit Ellbogenberührung, entlang der nachfolgenden Gruppe abzulösen. Für das Publikum eine grossartige Show.
Gerne erinnere ich mich an 6-Tagefahrer zurück, die ich als Amateure auf der Strasse betreute wie Jörg Bruggman, Othmar Häfliger, Viktor Schraner und Guido Winterberg. Sie alle wollten von ihrem ersten Zürcher 6-Tagerennen an von mir betreut werden. Ebenso werde ich die gute Zeit zusammen mit den Franzosen Jacques Michaud und Fred Vichot nicht vergessen.
Vor allem verbrachte ich mit Patrick Moerlen eine gute Zeit. So begleitete ich ihn von Anfang an an allen seinen 6-Days bis zum Ende seiner Karriere. Er war ein eleganter Fahrer und stets guter Laune. Fahrtechnisch und athletisch wurde er von Jahr zu Jahr besser und rückte so in der Fahrerhierarchie weit nach vorne. Unvergesslich war stets die Rückreise von den 6-Jours Grenoble und Paris. Patrick, Daniel Gisiger und ich fuhren stets mit nur einem Auto. Meines parkte ich vor dem Domizil von Patrick, einem "sanft" renovierten Bauernhaus im Neuenburger Jura. Bei der Rückkehr war manchmal der Schnee so hoch, dass ich mein Auto suchen musste und recht zu schaufeln hatte. In der grossen Küche stand jedesmal ein von Patricks Frau hergerichtetes Bauernbüffet bereit. Wir "schlugen" redlich zu und wärmten alte Geschichten auf. Da Patrick seit Abschluss seiner Karriere eine eigene Velo-Grosshandelsfirma führt, sehen wir uns immer wieder an Fachmessen. Auch er ein Freund fürs Leben.
Nicht zu vergessen die immer noch währende Freundschaft mit Daniel Gisiger, über die andernorts in meinen Stories zu lesen ist.
Paul Köchli stellte bei der Gründung seines ersten eigenen Profi-Strassenteams Helvetia-La Suisse den damaligen französischen Verbandsmechaniker Alex Roussel als Chefmechaniker ein. Ich diente unter Alex als Werkstatt-Mechaniker. Er war für für mich, wie man in Frankreich so schön sagt, ein "Monsieur". Es machte Freude, unter ihm arbeiten zu dürfen. Er bewies hohe Fachkompetenz, man konnte viel von ihm lernen. Er war viel unter Druck, verlor aber nie die Nerven. Sein Leben drehte sich damals nur um das Velo. Nach der Auflösung des Teams arbeitete er noch in der Werkstatt eines bekannten Velo-Versandhändlers bis ihn die UCI nach Aigle berief. Dort amtet er als Chefmechaniker des Centre Mondial du Cyclisme. Dorthin durfte ich ihm noch handgebaute Bahn-Laufräder liefern. Auf seinen Wunsch hin hielt ich im Rahmen der UCI-Trainerausbildung noch Laufrad-Workshops ab. Später wurde daraus dann die von uns beiden produzierte DVD "Mastering Wheels". Unser freundschaftliche Kontakt ist seither nie abgebrochen.